Kleine Filme - großer Spaß

Von Oliver Schiffers

Berlin. Wie viel Spaß ein Filmfestival machen kann, bewiesen die Lacherfolge und Publikumslieblinge der ersten Berlinale-Hälfte. Es sind eher die kleinen Produktionen, welche bei den "49. Internationalen Filmfestspielen Berlins" die Herzen der Zuschauer erreichen. So wie in "Little Voice" ein leise Stimme alle Zuhörer umhaut, wenn sie erst mal richtig loslegt.

Little Voice heißt L.V., wegen ihrer piepsigen Stimme, die sie selten genug hören läßt. Dafür spielt sie Tag und Nacht die Vinyl-Platten ihren toten Vaters. Irgendwann hört ein heruntergekommener Starpromoter, der sich mit L.V.'s Mutter herumtreibt, wie L.V. verblüffend und bezaubernd die alten Lieder singt. Nun soll das extrem schüchterne Mädchen auf die Bühne, obwohl sie sich nicht mal aus dem Haus traut. "Little Voice" erzählt nicht nur die kleine Geschichte vom - sehr schnellen - Aufstieg und Fall eines unfreiwilligen Stars. Es gibt auch die stille Liebe mit einem ebenfalls nicht wortgewaltigen Taubenzüchter. Jane Horrocks, die Darstellerin von L.V., ist mit ihrem grandiosen Schauspiel- und Sangestalent die erste Schauspiel-Entdeckung des Festivals. Neben ihr sind ein herrlich heruntergekommener Michael Caine, eine sagenhaft schlampige und für diese Rolle oscarnominierte Brenda Blethyn ("Lügen und Geheimnisse") sowie ein nur netter Ewan McGregor zu sehen.

Die erste große filmische Überraschung kommt im Wettbewerb aus Dänemark: "Mifunes Sidste Sang" (Mifunes letztes Lied) erzählt ebenfalls eine kleine Geschichte von der Heimkehr Kristens zum heruntergekommen Bauernhof seines verstorbenen Vaters. Zurückgelassen wurde der geistig behinderte Bruder Rud, aber der geschäftige, frisch verheiratete Kristen, hofft die Angelegenheit mit einer Haushälterin in ein paar Tagen zu klären. Nun sind sowohl Rud als auch die aus der Prostitution fliehende Haushaltshilfe Menschen mit einen richtigen Leben, die sich nicht einfach so verplanen lassen. Es passiert in der leichten Erzählung eine ganze Menge, bis sich die Sichtweisen wandeln. "Mifunes Sidste Sang" von Søren Kragh-Jacobsen ist nach "Idioten" und "Festen" der dritte Film gemäß des Dogma-Manifests mit der Forderung nach Handkamera und Direktton, mit der Verweigerung gegenüber Kunstlicht und Kulissen. Der Däne setzt diese Mittel jedoch unauffällig ein, sodaß man eigentlich einen "normalen" Film sieht. Der Titel spielt auf die Rolle des Schauspielers Toshiro Mifune aus Kurosawas "Die sieben Samurai" an. Kristen begeistert Rud immer wieder, wenn er Samuwar - gemeint ist Samurai - spielt. Jesper Asholt, der Darsteller des behinderten Rud, ist ein heißer Kandidat auf den Bronzenen Bären für den Besten Darsteller des Festivals.


Eine Kritik von Oliver Schiffers

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