Pulp Fiction

USA 1994 Regie Quentin Tarantino, 147 Min.

Von Günter H. Jekubzik

Während "Natural Born Killers" zur Zeit sein Blut bis in alleSchlagzeilen verspritzt, zieht dessen Autor, Quentin Tarantino, mit einem früher gedrehten Film nach. "Pulp Fiction", der seit gestern im Atlantis läuft, stammt aus der gleichen Feder, verpackt ähnliche Geschichten allerdings in perfekt gestylter Hochglanz- Ästhetik. Tarantinos glasklar inszenierte Gestalten aus einem zwielichtigen Milieu sind keine natürlich geborenen Killer. Sie entstammen der Medien-Kindheit eines Amerikaners, der jahrelang in Video-Archiven versank.

Die auf billigem Papier (Pulp) gedruckten Groschen-Krimis der 30er und 40er gaben dem Film seinen Namen: "Pulp Fiction". Drei scheinbar unabhängige Storys lösen einander ab, ganz überraschend tauchen aber doch Bezüge zwischen den Figuren auf. Tarantino spielt mit dem Reiz, Hauptfiguren einer Geschichte als Nebenfiguren einer anderen auftreten zu lassen. Etwas verstörend ist dabei die letzte Szene des Killers Vincent, den schon Episoden früher der Tod ereilte. Mit seinen religiösen Partner straft er kleine Gangster ab, die der Mafia Geld unterschlagen wollten. Die Erschießung wird zum Zeremoniell mit Bibelspruch, vorher verspeisen die beiden adrett gekleideten Killer das Fast Food ihrer Opfer. Dieser Rhythmuswechsel zwischen lang ausgekostetem Styling und furios überdrehtem Irrsinn treibt "Pulp Fiction" voran. Während ein junges Gangsterpärchen (Amanda Plummer und Tim Roth) fast den gesamten Film über auf seinen Restaurant-Raub warten muß, verschwindet der Profiboxer (Bruce Willis), der den verkauften Kampf doch gewinnt, ganz schnell vor den Häschern des geprellten Bosses. Dessen Frau (Uma Thurman) wird von einem der Killer der ersten Szene ausgeführt. (John Travolta steht so Jahre nach "Saturday Night Fever" wieder auf der Tanzfläche.) Verführung liegt nahe, könnte jedoch tödliche Folgen haben.

Harvey Keitel, nur ein weiterer der vielen Stars in "Pulp Fiction", säuberte schon in "Codename: Nina" ein verpatztes Blutbad und baut jetzt die damalige Parodie zu einer perfekten Rolle aus. Solche altbekannten Gangster-Geschichten verbindet der kommende Regisseur Tarantino auf ungewöhnliche Weise. Daß seine coolen Figuren nicht allein ihm Vergnügen bereiten, bewies die "Goldene Palme", die er für "Pulp Fiction" in Cannes erhielt. Dabei wird das reizvoll lebensferne Styling aufgebrochen durch brutale Einlagen mit Hirngeschnetzeltem für abgebrühte Zeitgenossen. Der Schöpfer der Filme "Reservoir Dogs" und "True Romance" - mit Einschränkungen ließe sich der aktuelle Oliver Stone-Film "Natural Born Killers" hinzufügen - läßt sich auf keine Gewalt- und Moraldiskussion ein. Das gibt seinen Werken die Wildheit eines frischen, nicht von pädagogischen Absichten gebremsten Kinos.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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