Serial Mom
USA 1993, R.u.B.: John Waters, 100 Min.
Der zwerchfellerschütternde Triumphzug einer selbstgerechten Rachsucht hinter dem zuckersüßen Lächeln von Doris Day - das ist "Serial Mom" (was soviel heißt wie 'Mutter - Die Serien-Mörderin"): Wer den Müll nicht sortiert, Videocassetten nicht zurückgespult, den Gurt im Wagen nicht anlegt oder ihr den Parkplatz wegschnappt, verdient den Tod aus der Hand von "Serial Mom" (mit dem deutschen Untertitel "Warum läßt Mama das Morden nicht?").
Gesellschaftsschreck John Waters präsentiert in Beverly Sutphin (Kathleen Turner) die perfekte mittelständige US-Hausfrau. Wie in der Werbung tischt sie das Frühstück auf. Nur die Verbissenheit mit der Mom eine das Bild der heilen Welt störende Fliege verfolgt, verweist auf kommende Wahnsinns-Taten.Serial Mom rastet allerdings nicht als unterdrückte Frau aus. Die Mordserie zeigt eher die brutal häßliche Seite der Bilderbuch-Mutter, die reale Grausamkeit des zuckerfreien Glücks.
Wenn die Familie aus dem Haus ist, startet Mom erstmal in Ruhe einige obszöne Telephonate bevor sie jeden umbringt, der ihrer Vorstellung von heiler Welt nicht entspricht.
Kathleen Turner, an der Grenze zur reiferen Darstellerin stehend, beherrscht sehr schön den Wechsel im Ausdruck von liebender Mutter zu tödlicher Furie. (Sie kann als anderswertiger Ersatz in ihrer Rolle ruhig an den verstorbenen Waters-Star Divine verdecken, seine ideale Mutter-Parodie.) Auch die restliche Waters-Truppe paßt hervorragend zur Komödie, in der jeder Gag sitzt.
Wie üblich zeigt John Waters (Pink Flamingos, Hairspray, Cry-Baby)einige Schleimereien und Innereien, aber nur Mom rutscht auf einer frisch ermordeten Leber aus, der Film verkraftet diese keineswegs aufgesetzten Ekelmomente.
Auch die Gerichtsverhandlung ist ein bitterböses Vergnügen, neu und witzig trifft jedes Argument. Die liebste Mom aller Serienkiller schaltet im Alleingang die Zeugen aus und wickelt die Geschworenen um den Finger. Die mediale Vermarktung von Verbrechen (Gruß an Dagobert!) erhält ihre Verkaufsecke und verdrehte Moralvorstellungen sind zu genießen. Daß die Zeugin ihren Müll nicht zur Wiederverwertung sortiert, ist dann das entscheidende Argument im Gerichtssaal.Der Unterschied zu "Falling Down" wo ebenfalls selbstgerechte Tatkraft gefeiert wurde, liegt in der Typisierung der Opfer. "Serial Mom" legt es nicht auf Randgruppen an. Die hingeschlachteten Individuen haben sich ja 'wirklich' etwas zuschulden kommen lassen - und wenn es nur die Störung der Sonntagsruhe war.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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