True Romance
USA 1993, R: Tony Scott, ca. 120 Min.
Gewaltkreise
Mit "True Romance" kommt jetzt ein spannender Film in die Kinos, der die allgegenwärtige Diskussion um Gewaltdarstellungen im Film wieder anfachen wird. Dabei steht der ehemalige Werbefilmer (und Bruder von Ridley "Alien" Scott) Tony Scott für eine bunte, glatte Oberfläche, im Widerspruch zu durchaus kritischen Aspekten der Handlung. "True Romance" ist ein Filmmärchen, ähnlich wie David Lynchs "Wild at Heart": Clarence (Christian Slater) lernt an seinem 21.Geburtstag, den er wie immer mit der Langen-Kung-Fu-Nacht im Kino verbringt, die aufregende Blondine Alabama (Patricia Arquette, die Schwester von Rosanna) kennen. Daß sie als Prostituierte nur das Geburtstagsgeschenk seines Chefs war, stört die ausbrechende Liebe nicht. Als Alabamas Zuhälter nicht spurt, erschießt Clarence ihn kurzerhand. Die folgende Flucht nach Kalifornien gerät reichlich wild, da Clarence nebenbei noch einen Koffer Kokain mitgehen ließ.
Eine verrückte Waffen- und Gewalt-Begeisterung spiegelt sich im total bekiffeten Floyd: Die Mafiaarmee marschiert mit ihrem enormen Waffenarsenal in Floyds Zimmer, der kann allerdings nur 'Wow' sagen und völlig begeistert ablachen, die Drohungen der Killer verpuffen im Drogennebel. Elvis spielt eine seltsame Rolle, aus den Spiegeln souffliert er Clarence Gewaltbereitschaft ein, seine Büste dient als Waffe, sein Gesicht taucht auf T-Shirts auf.
Wer nur das Finale des wegen seiner Gewalt umstrittenen "Reservoir Dogs" gesehen hat, wird auch hier die Handschrift des Autors Quentin Tarantino erkennen. Im überaus heftigen Finale von "Reservoir Dogs" (Regie: Tarantino) erledigen sich die Gangster sämtlich in einem Gewaltkreis: Jeder erschießt den neben ihm Stehenden, bis er am Ende selber an der Reihe ist. In "True Romance" (Regie: Tony Scott) zeigt sich diese für alle tödliche Anwendung von Gewalt zuerst in ihrer Grundform auf einem der vielen Bildschirme: Zwei Asiaten erschießen sich im selben Moment gegenseitig.
In filmhistorischer Perspektive bedeutet dies einen großen Schritt weg von idealistischen Gewalt-Sichten, die selbst noch bei den "dreckigen Western" Sergio Leones vorherrschten. Das Finale aus "Zwei glorreiche Halunken" ("The good, the bad and the ugly") bilden drei Männer, die sich im Kreis zum kniffligen Schußwechsel aufgestellt haben. Doch nach der Auflösung wird schnell klar, daß ein Dilemma gar nicht wirklich bestand: Es gibt den immer überlegenen Clint Eastwood, der einem der Männer (Eddie Wallach) die Patronen aus dem Revolver nahm und wußte, daß er nur auf den anderen Schurken (Lee van Cleef) zu achten hatte. Der Kreis der Gewalt wird so zum Spiel, daß der Clevere gewinnen kann. Ein idealistisches Gewaltbild im Vergleich zum vollkommen überdrehten Finale von "True Romance": Drei Parteien stehen sich hier mit mehreren Männern waffenstarend gegenüber. Keiner hat hier den Überblick oder ist klüger, alle reagieren panisch. Es folgt unausweichlich ein Blutbad, ins märchenhafte verzuckert mit Schneeflocken aus Kissendaunen. Daß Held und Heldin wie einst Sailor und Luna ("Wild at Heart") mit einem Auge davon kommen, gehört in den Bereich des Phantastischen, den "True Romance" von Beginn an mitbedient.
So ist "True Romance" ein grell fotografierter Film mit tollen Gastauftritten von Dennis Hopper, Christopher Walken und Gary Oldman, dessen Ambivalenz viel Stoff zu Diskussionen liefert.
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Kurzversion AVZ (25.6.94):
True RomanceUSA 1993, R: Tony Scott, ca. 120 Min."True Romance" ist ein Filmmärchen, ähnlich wie David Lynchs "Wild at Heart": Clarence (Christian Slater) lernt an seinem 21.Geburtstag, den er wie immer im Kino verbringt, die aufregende Blondine Alabama (Patricia Arquette, die Schwester von Rosanna) kennen. Daß sie als Prostituierte nur das Geburtstagsgeschenk seines Chefs war, stört die ausbrechende Liebe nicht. Als Alabamas Zuhälter nicht spurt, erschießt Clarence ihn kurzerhand. Die folgende Flucht nach Kalifornien eskaliert, da Clarence nebenbei noch einen Koffer Kokain mitgehen ließ.
Wer auch nur das Finale des wegen seiner Gewaltdarstellung umstrittenen "Reservoir Dogs" gesehen hat, wird in "True Romance" die Blutspur des Autors Quentin Tarantino erkennen. Im überaus heftigen Finale von "Reservoir Dogs" (Regie: Tarantino) erledigten sich die Gangster sämtlich in einem Gewaltkreis: Jeder erschießt den neben ihm Stehenden, bis er am Ende selber an der Reihe ist. "True Romance" steigert diese für alle tödliche Anwendung von Gewalt im vollkommen überdrehten Finale: Drei Parteien stehen sich hier mit mehreren Männern waffenstarend gegenüber. Keiner hat mehr den Überblick, alle reagieren panisch. Es folgt unausweichlich ein Blutbad, ins märchenhafte verzuckert mit Schneeflocken aus Kissendaunen. Daß Held und Heldin wie einst Sailor und Luna ("Wild at Heart") mit einem blauen Auge davonkommen, gehört in den Bereich des Phantastischen, den "True Romance" von Beginn an mitbedient. Tony Scott, der ehemalige Werbefilmer und Bruder von Ridley "Alien" Scott realisierte eine bunte, glatte Oberfläche im Widerspruch zum Handlungsverlauf. So ist "True Romance" auch ein grell fotografierter Film mit tollen Gastauftritten von Dennis Hopper, Christopher Walken und Gary Oldman.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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