American Psycho

Kan/USA 2000 (American Psycho) Regie Mary Harron, 101 Min.

Bret Easton Ellis' eifrig besprochener und heftig umstrittener Roman "American Psycho" galt bislang als unverfilmbar. Allerdings schreckte weniger die extreme Gewaltschilderung ab. Es war der durchgehende Gedankenfluss der mörderischen Hauptfigur. Der wurde nun zurückgenommen, damit wir uns ganz auf die Gewalt von Patrick Bateman konzentrieren können.

Bateman (Christian Bale) ist ein 27-jähriger Yuppie, der trotz eines perfekten Pflegeprogramms hinter seiner Feuchtigkeitsmaske ein Niemand bleibt. Obwohl er als Sohn des Chefs einer Wallstreet-Firma ein sorgloses Leben führen könnte, beteiligt er sich eifrig am männlichen Konkurrenzgehabe. Dies alberne Verhalten erleben wir im Detail, ebenso die Morde, die Patrick nach Feierabend begeht. Aber die Blutlust ergreift ihn immer öfter auch am Tag. Mal erniedrigt und ersticht er einen Obdachlosen, dann setzt er in der betrieblichen Hackordnung ein Beil als Hilfsmittel ein. Während das Blut spritzt, erläutert der zwanghafte Ästhet ernsthaft Beispiele seines furchtbaren Musikgeschmacks: "Hip to be Square" von Huey Lewis müssen wir mit den Opfern ebenso erleiden wie die "Klassiker" von Phil Collins oder Whitney Houston.

Ein paar Models mit denen er durch die Bars zieht, erzählt Patrick, er arbeite in "Murders and Executions" (Morde und Hinrichtungen), aber sie verstehen nur die übliche Wall Street-Floskel "Mergers and Aquisitions" (Zusammenschlüsse und Übernahmen).

Trotz aller verzweifelter, wortreicher Bemühungen um Stil nimmt niemand Bateman ernst. Bis dann die Ketchuptropfen aus dem Vorspann zu echtem (Film-) Blut gerinnen. Dieses Porträt einer amerikanischen Psychose wurde mit einem meist albernen "Helden" im Jim Carrey-Stil seltsam absurd ausgeführt. Es ist keine "realistische" Scheindokumentation mit Handkamera in der Art von "Mann beißt Hund" (C'est arrive pres de chez nous). Auch die Interpretationshilfe Politik lässt uns diesmal alleine: Als zeitlicher Hintergrund taucht nur einmal die Iran-Contra-Affäre auf. Dem Präsidenten Reagan wird dabei allerdings eine ebenso trügerische Fassade zugesichert, wie sie Patrick pflegt.

Durch das überraschende und offene Ende wird "American Psycho" auf den Kopf gestellt, ein umgekehrter "Fight Club". Plötzlich weiß selbst Bateman nicht mehr, ob er wirklich mordet oder nur heftig davon fantasiert. Das Bizarre an der Situation wird noch dadurch verstärkt, dass scheinbar jeder jeden verwechselt. Ist Patrick nicht vielleicht doch der Kollege Markus, als der er öfter angesprochen wird? Ist "American Psycho" vielleicht doch ein guter, interessanter Film oder doch nur die mäßige Bebilderung eines provokativen Entwurfs?


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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