Die Farben des Paradieses

Iran 1999 (Rang-e khoda) Regie und Buch Majid Majidi, 88 Min.

Scheinbar unabhängig von politischen Rahmenbedingungen hat der iranische Film in den letzten Jahren mit faszinierender Simplizität und gleichzeitig betörender Kunstfertigkeit international ein enormes Renommee aufgebaut. Wie viele (bei uns) bekannte iranische Filme seit Kiarostamis "Wo ist das Haus meines Freundes" haben auch "Die Farben des Paradieses" ein Kind als zentrale Figur. Der neue Film des letztjährigen Oscarpreisträgers Majid Majidi (für "Kinder des Himmels") dreht sich um den blinden Mohammad. In der Blindenschule wartet er zu Beginn der Ferien auf seinen Vater. Nach langer Zeit, die anderen Kinder sind längst abgeholt, zeigt uns der erste Blick des Vaters eine furchtbare Abscheu, einen Widerwillen, das Kind anzunehmen. Doch zuhause auf dem Land erwarten Mohammad die Liebe der Großmutter und seiner zwei Schwestern. Es ist ein Paradies aus Farben, Früchten und Klängen. Neugierig entdeckt Mohammad die Natur, aber der Vater will den Sohn loswerden und schickt ihn zu einem ebenfalls blinden Schreiner in die Lehre ...

Obwohl der Ton in Anlehnung an die Sinneswahrnehmungen von Mohammad dezent auf und ab geregelt wird, drehen sich die "Die Farben des Paradieses" nicht hauptsächlich um das Thema Blindheit. Das psychologische Drama eines ungeliebten Kindes steht zentral. Der Vater versteht die Blindheit als eine Strafe Gottes, sieht seine bevorstehende Hochzeit gefährdet und findet zu spät seine Liebe zum Sohn. Als Variante der Theodizee stellt sich immer wieder die Frage: Wo ist Gott? Der in seiner Tragik bewegende Film findet Trost nur in der Hoffnung auf ein helleres Jenseits. Obwohl in vielen Szenen berauschend farbig und beglückend in seiner Naturromantik, ist Majidis neuer Film kein durchgängiges Meisterwerk, wie Mohsen Makhmalbafs "Die Stille". (Frappierend sind die Ähnlichkeiten: Ein blinder Junge als Hauptfigur und die Farbenpracht der Bilder.) Aber wieder begeistert ein iranischer Film mit aufrichtiger Intensität und seinen Einblicken in eine andere Welt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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