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Good Will Hunting

USA 1997 (Good Will Hunting) Regie Gus van Sant, mit Matt Damon, Robin Williams, Ben Affleck, Stellan Skarsgaard, Minnie Driver, 126 Min.

Zuerst beenden wir mal das Rätseln über den Titel: Es geht um Will Hunting (Matt Damon), einen richtig, aber richtig richtig intelligenten jungen Mann, der - und das ist der Clou des Films - sein Leben mit seinen Freunden Chuckie (Ben Affleck), Morgan (Casey Affleck) und Billy (Cole Hauser) zwischen Bars, Bieren und Baseball verbringt, miese Jobs hat und sich gerne mal rumprügelt. Das schöne Klischee von den Reichen, Wohlerzogenen UND Intelligenten fällt hier ganz rüde auseinander. Zwischen dem Wischen und Bohnern eines Flurs der renommierten Universität MIT löst Will heimlich die äußerst schwierige mathematische Aufgabe eines Professors. Dieser Gerry Lambeau (Stellan Skarsgard), ein mit höchsten Auszeichnungen dekorierter Mathematiker, setzt nun alles daran, das anonyme Genie zu finden. Will Hunting hat jedoch gerade unter anderem auch einen Polizisten verprügelt und muß im Knast den Bedingungen von Gerry Lambeau nachgeben: Bewährung, wenn Will einmal in der Woche mathematische Probleme mit Gerry löst und zudem einen Psychiater aufsucht. Während der erste Teil für den aggressiven, störrischen Mathe-Magier eher eine langweilige Spielerei darstellt, wird der zweite für mehrere Psychologen zur unlösbaren Aufgabe. Will hat meist vor der ersten und einzigen Sitzung das entscheidende Buch der Couchberater gelesen und spielt mit ihnen auf raffinierte Weise.

Auch bei Sean (Robin Williams) erschließt Will in der ersten, eindrucksvollen Sitzung das ganze Leben und vor allem das Leiden aus einem kleinen Bild, daß der Psychiater malte - nach vorgegebenen Zahlen! Doch Sean kann dem Quergeist Paroli bieten. Der stille, bedrückt wirkende Psychologie-Dozent kommt aus der selben Gegend wie Will und machte in Süd-Boston die gleichen Erfahrungen. Auch Sean ist ein "Southie" und schafft es nach einem langen Schweigeduell, Wills Vertrauen und Interesse zu gewinnen. Wesentlich schneller gelingt dies der offenen, schlagfertigen und witzigen Biologiestudentin Skylar (Minnie Driver), doch irgendwann stößt auch sie beim verschlossenen Jüngling an Grenzen. Aggressiv reagiert das Problemkind auf alle, die ihm zu nahe kommen wollen. Will ist ein harter Bursche, der mit seinem Wissen alle an die Wand spielt. Vor den mathematischen Lösungen, die für Will lästige Kleinigkeiten sind, geht Gerry in die Knie. Immerhin gibt es weltweit keinen anderen Menschen, der auf diese Ansätze kommt. Doch dies ist nur reine Theorie, ohne jede Lebenserfahrung, wie Sean schnell erkennt. Das kleine Genie erweist sich als großspuriger Angsthase.

Es klingt stellenweise wie das alte Fürsorge-Spiel, die melodramatische Rettung eines hoffnungsvollen Jungen aus dem Ghetto. Doch "Good Will Hunting" ist viel zu reich, um sich auf so ein Schema reduzieren zu lassen. Zwar ist die grundlegende psychologische Konstellation schnell klar und vorhersehbar, aber um sie geht es auch nicht. Der Film handelt von sozialen Grenzen; der Frage, was man mit seinen Talenten anfängt; dem Wert von "Karriere" und schließlich die große Frage "Was will ich?"

Hinter der Geschichte von Will und der Frage, was er mit seinen Möglichkeiten machen wird, steht die viel ältere Geschichte von Gerry und Sean. Sie studierten zusammen und zwischen ihnen muß sich ein Konflikt um die Frage: Karriere oder nicht abgespielt haben. Während Gerry die wichtigste Auszeichnung für Mathematiker erhielt und heute von einem meist stummen Assistenten begleitet wird, hat Sean 18 erfüllte Jahre mit seiner Frau erlebt.

"Good Will Hunting" protzt nicht mit sensationellen Höhepunkten, doch in ihm ist alles sehr gut geschrieben, inszeniert und gespielt. Viele gelungene Szenen in "Good Will Hunting" reflektieren konzentriert Gedanken und Lebensansichten. Das ist vor allem bemerkenswert, weil das Buch von den jungen Schauspielern Matt Damon und Ben Affleck stammt, die im Film die Freunde Will und Chuckie sind. Sie kennen sich schon seit Schulzeiten und wollten beide Schauspieler werden. Da es für junge, unbekannte Darsteller keine vernünftigen Bücher gibt, verfertigten sie sich selbst eins auf der Basis einer Geschichte, die Matt Damon in der Highschool schrieb. Regie führte dann ihr Kultfilmer-Idol Gus von Sant. Mit dem eigenwillig intensiven Stil von "Drugstore Cowboy" (1989) und "My own private Idaho" (1991) wurde van Sant bekannt. Außergewöhnliche Geschichten erzählte er auch in den folgenden Spielfilmen "Even Cowgirls get the Blues" (1994) und "To Die For" (1995). Nachdem dem der Regisseur anfangs mit Jungstars wie Matt Dillon, River Phoenix und Keanu Reeves arbeitete, konnte er im letzten Film mit Nicole Kidman und jetzt sogar mit - einem unaufdringlich guten - Robin Williams drehen. Obwohl seine unabhängigen Filme so jung wirken ist van Sant schon Mittvierziger. Der vielseitige Künstler arbeitete als Regieassistent, drehte Kurzfilme, Musikvideos und Werbespots, malt, schreibt Songs und spielt in seiner Bond. Auch ein Fotobuch (108 Portraits) und ein satirischer Roman über die Filmindustrie (pink) stammen von ihm.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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