Fletchers Visionen

USA 1997 (Conspiracy Theory) Regie Richard Donner, mit Mel Gibson,Julia Roberts, Patrick Stewart, 135 Min.

Kopfnuß für Braveheart

Von Günter H. Jekubzik

Es gibt eine große Verschwörung in Hollywood: MitVerschwörungsfilmen und -serien wie"Akte X" sollder Glaube an die staatlichen Organe völlig untergraben werden.Dann wird ein starker Mann - Schwarzenegger, Stallone, Woody Allen -kommen und den ganzen Saustall aufräumen.

"Fletchers Visionen" ist scheinbar wieder so einVerschwörungsfilm: Jerry Fletcher (Mel Gibson) sammelt undbastelt aus Nachrichten komplexe Verschwörungstheorien, etwadaß der US-Präsident mit künstlich erzeugten Erdbebenbeim Besuch derTürkeigestürzt werden soll. Regelmäßig liefert Fletcherhektisch stotternd und wirr murmelnd seine neuesten Erkenntnisse beider intelligenten und geduldigen Bezirks-Staatsanwältin AliceSutton (Julia Roberts) ab. Nebenbei ist der New Yorker Taxifahrerhemmungslos in Alice verliebt und beobachtet heimlich ihreEinsamkeit.

In seiner Wohnung, die vielfach gesichert ist undselbstverständlich einen geheimen Fluchtweg hat,verschließt der seltsame aber freundliche Fletcher nicht nurden Kühlschrank - auch Joghurt und Kaffee haben ihr eigenesSchloß. Ganz klar: Ein armer Narr. Doch dann kidnappen dunkleGestalten Fletcher, wollen ein Geheimnis erfahren, von dem das brutalgefolterte Opfer selbst nichts weiß. Nach abenteuerlicherFlucht und einiger Spannung kann Fletcher seine Staatsanwältinvon der tödlichen Bedrohung überzeugen und damit auch siein die Gefahr mithineinziehen.

Die Mischung aus äußerst erfolgreichen Zutaten -Produzent Joel Silver, Regisseur Richard Donner sowie den Stars JuliaRobert und Mel Gibson - bildet ein eingeschworenes Team für"Fletchers Visionen". Wer eines von Silvers schematischenAction-Vehikeln "Brennpunkt L.A. 1-3" befürchtet, wird positivüberrascht. Die kluge Staatsanwältin Alice Sutton zeigtdemonstrativ (und schön ironisch), wie frau eine Verfolgung ohnedas typische Reifenquietschen und Umstürzen von Mülltonnenbeenden kann. Nicht mit Geschwindigkeit und lauter Action, sondernmit einer besonderen Handlung überzeugen "Fletchers Visionen".Die Zusammenhänge des Thrillers sind komplex und dieAuflösung ist nicht einfach zu erahnen. Die Bildgestaltungverwöhnt die Augen mit Schärfeverlagerungen, Lichteffektenund fein ausgeleuchteten Szenen.

Mel Gibson verbindet in seiner Figur mit erstaunlicher SorgfaltAction, Humor und Tragik! "Next Generation"-Captain Patrick Stewarthat als Dr. Jonas eine sehr interessante Rolle. Julia Roberts kanndoch noch mehr als nur Komödien spielen. Die Staatsanwältinsteht ihr viel besser als "Die Hochzeit meines besten Freundes". Siesollte in ihrer weiteren Karriere nur vermeiden, ernsthaftausländische Akzente zu sprechen. Das endet - wie in"Michael Collins" -tragisch.

Das Unglaubwürdigste an diesem Film ist vielleicht dieLiebesgeschichte. Nur ein gemeinsamer Verlust in der Vergangenheitreicht nicht für romantisch kribbelnde Leinwände. Dieinsgesamt originelle Handlung erinnert stellenweise an "Botschafterder Angst" (The Manchurian Candidate), "Das fliegende Auge" oder"TödlicheWeihnachten". Und letztendlich ist vielleicht doch etwas dran, ander großen Verschwörungstheorie.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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