Der Herr der Ringe - Die Gefährten

USA 2001 (The Lord of the Rings I: The Fellowship of the Ring) Regie Peter Jackson, 178 Min. FSK ab 12

"Ein Film, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins dunkle Kino zu treiben, sie alle zu binden an unser Produkt." So ungefähr lautet die dämonische Erfolgsformel, mit der eine Verfilmung von Tolkiens "Der Herr der Ringe" garantiert zum Kinohit werden soll. Drei Teile, die im Jahresabstand gezeigt werden, geben auch der Presse reichlich zu tun. Da mit Peter Jackson ein passend fantastischer Regisseur das gigantische Projekt übernahm, lohnt sich nebenbei auch einen Blick auf den Film selbst.

Nach einem in der Filmgeschichte einmaligen Dreh über sechs Jahre hat Jackson in einer Wahnsinnsaktion schon alle drei Teile abgedreht. (Spielberg ließ bei "Zurück in die Zukunft" die Teile 2 und 3 kurz hintereinander drehen.) Mit seinen bisherigen Filmen, seiner disziplinierten Arbeitsweise und den Landschaften seiner neuseeländischen Heimat konnte er die Geldgeber überzeugen, ihm die 1954 erschienene Kult-Trilogie "Der Herr der Ringe" und 300 Millionen Dollar zu überlassen. Nach der nicht über den ersten Teil hinaus gekommene Zeichentrickversion von Ralf Bakshi aus dem Jahre 1978 fieberten Millionen Fans Jackson Visionen entgegen.

Jetzt werden sich viele wie bei sexuellen Schnellschüssen betrogen fühlen: Recht unterhaltsam verfolgt man, wie der mächtige Ring ins Land der Hobbits kam und wie der junge Frodo mit acht Gefährten aufbricht, um ... das übliche zu tun, die Welt zu retten. Drei Stunden vergehen im Fluge. Und das war es schon? Selbstverständlich wird für 180 Minuten schneller erzählt als bei hunderten von Buchseiten. Details einer haarklein fabulierenden Vorlage vermisst man nicht. Schade ist es um ganze Welten wie etwa den dämonischen Wald des Bombadil. Denn mehr als die Figuren beeindrucken die düsteren Minen von Moria, die milchigen Paläste von Bruchsal, die glühenden Gruben von Isengart und die sanften Baumtürme von Lothlorien. Schauspielerisch klaut Ian McKellen ("Richard III", "Gods and Monsters") als Gandalf allen anderen die Schau. Was nicht wirkt, sind dummerweise der Hauptdarsteller und sein Ring. Elijah Wood schaut blass drein, man traut ihm nicht besonders viel zu. Und auch DER Ring macht ganz wenig her.

Sehr gelungen hingegen ist das Spiel mit den unterschiedlichen Größen von Menschen, Zwergen, Hobbits oder Elfen. Immerhin musste Peter Jackson sie alle von relativ gleich großen Menschen spielen lassen. Mal wurde digital geschrumpft, mal bewegen sich unkenntliche Doubles in den Szenen. Überhaupt ist dem Neuseeländer die Verfilmung eigentlich gelungen - bei einer nicht besonders tiefgängigen Fantasy-Story lässt sich nichts Nachhaltiges erwarten. Keine große Idee, kein kleiner Anstoß für das eigene Leben. Purer Eskapismus - aber das soll Fantasy wohl vor allem auch sein.

Vor allem die Nazgul, die dunklen Reiter, beeindrucken mit ihrer schauerlichen Erscheinung, die man unter einem schwarzen Umhang halt nicht sieht. Die grandiose Verfolgung zu Pferde vor der Furt gehört zu den Höhepunkten des Films. Jackson spielt in diesen Szenen seine ganze Erfahrung aus: Für die dunklen Mäntel der Nazgul übte er schon mal im sensationellen Horrorfilm "The Frighteners". Elfenhafte Gestalten und alptraumhafte Monster verband er in "Heavenly Creatures" zu einer wunderbaren Geschichte. Das Niedermetzeln unzähliger Orks übte er mit ähnlich sympathischen Zombies in seinen Splatterfilmen "Braindead" und "Bad Taste".

So sind die Ringwelten sind keineswegs für alle Altersgruppen geeignet Der Film geht recht handfest zur Sache. Fans von Peter Jackson als Splatter-Meister jubeln bei abgeschlagenen Köpfen. Und genauso wenig wie jenen möchte man den Orks bei der Premierenfeier begegnen, deren vampireske Hässlichkeit gleich tausendfach erschrickt. So schrecklich wirkte das Buch nicht. "Der Herr der Ringe" ist kein leichtes Vergnügen: Dunkel und düster liegt der Schatten Saurons über allen Welten, sodass selbst den Hobbits das Scherzen vergeht. Und in den nächsten Teilen wird es nicht fröhlicher. Romantik oder Liebesgeschichte - Fehlanzeige. Nur Streicher darf kurz mit der Elfin Arwen (Liv Tylor) in Weichzeichner eintauchen. Es ist eine schauerliche Welt, die trotz aller Dementis Tolkiens extrem an die Kriegsbedrohung durch das Deutsche Reich erinnert. Nur die recht oberflächliche Musik besänftigt die pessimistische Grundstimmung etwas.

Eine ganz andere Besonderheit dieses Films ist sein weltweit synchroner Start am 19.12.2001. Meist laufen Filme erst Wochen oder Monate nach US-Start im Rest der Welt. Nach dem offenen Ende wünscht man sich nun, dass jemand die Teile 2 und 3 aus dem Tresor klaut und im Internet veröffentlicht. Dann kämen sie doch vor Jahresfrist ins Kino. Was allerdings die Gewinnmaximierung der Filmverleiher empfindlich stören würde.

http://www.herrderringe-film.de


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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